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Probenentnahme bei Hauterkrankungen

Zytologische und histopathologische Untersuchungen


Erkrankungen der Haut führen zu zell- und gewebsmorphologischen Veränderungen, die zur Diagnosestellung genutzt werden können. Beispielhaft sind dies:

Einige der morphologischen Veränderungen sind in Bezug auf die Diagnose und sogar hinsichtlich ihrer Ätiologie hochspezifisch (z.B. reicht der Nachweis einer kleinen Gruppe unreifer melaninbildender Zellen oder von Mastzellen aus, um die entsprechenden Tumoren sicher zu diagnostizieren). Demgegenüber sind Nachweise von Entzündungs- oder Immunzellen meist weder in Bezug auf eine bestimmte Krankheit noch hinsichtlich der Ätiologie aussagefähig. Weiterhin ist wichtig, daß bei den einzelnen Techniken nur jeweils ganz bestimmte Krankheiten diagnostiziert werden können.

Möglichkeiten zur Gewinnung von Zell- und Gewebsmaterial von der Haut sind:
Abtupfen (Tupfpräparat), Ansaugen (Aspirationspräparat), Kratzen oder Schaben (Hautgeschabsel), Herauslösen von Gewebsteilen (Stanz- oder Exzisionsbiopsie)


I. Zytologische Untersuchungen bei Hauterkrankungen

A. Tupfpräparate

Anwendung:

Nur bei Erosionen oder Ulzerationen der Epidermis. Krusten oder eingetrocknete Sekretmengen vor dem Tupfen vorsichtig entfernen.

Durchführung:

Gewinnung des Materials nicht durch Abtupfen direkt mit dem Objektträger. Besonders geeignet sind feste Wattetupfer (Q-Tip) oder selbst hergestellte fest gedrehte Wattetupfer auf Holzstäbchen. Danach vorsichtiges Auftupfen oder Abrollen auf trockene Objektträger. Anschließend Lufttrocknung der Präparate.

Bewertung:

Nur bei einigen spezifischen mit Exsudation und Ulzeration einhergehenden Erkrankungen (z.B. Pemphigus) oder Tumorerkrankungen. Ansonsten führt diese Abtupftechnik nur selten zu verwertbaren Diagnosen.



B. Aspiration von Zell- und Gewebsmaterial(Feinnadelaspirat)

Anwendung:

Nur bei knotigen Verdickungen der Dermis.

Durchführung:

Verwendung mittelgroßer Kanülen und gut saugender Spritzen. Ansaugen von Material nur in die Kanüle (0,1 ml/1 Tropfen). Ausblasen des Materials aus der Kanüle auf einen trockenen Objektträger, danach ausstreichen und lufttrocknen.

Bewertung:

Nur bei wenigen Tumoren aussagefähig (Melanome, Mastozytome oder einige epitheliale Tumoren). Die meisten mesenchymalen Zellen sind fest im Gewebsverband verankert und lassen sich durch Aspiration kaum harauslösen. Deshalb meist nicht zur Diagnose führend.



C. Schaben oder Abkratzen von Gewebsmaterial (tiefes Hautgeschabsel)

Anwendung:

In erster Linie für bakteriologische und mykologische sowie parasitologische Untersuchungen. In wenigen Fällen auch zur Klärung morphologischer Veränderungen anwendbar.

Durchführung:

a.) Ausstreichen des Geschabsels auf einem Objektträger bzw. Aufquetschen des Materials zwischen zwei gekreuzten Objektträgern:
Meist sind zu große Gewebsbröckchen und viel Blut im Präparat. Deshalb überwiegen Keratindetritus und große Zellhaufen, die nicht flach auf dem Objektträger zu verteilen sind.

Bewertung: Für die morphologische Diagnosestellung weitgehend ungeeignet.


b.) In Ausnahmefällen kann durch Schaben oder Kratzen gewonnenes Material wie histologische Proben eingebettet werden. Das Probenmaterial ist aber meist zu klein und geht bei der Einbettung weitgehend verloren.

Bewertung: Nur in Ausnahmefällen aussagefähig.





II. Histopathologische Untersuchung von Hautproben

1. Vorbemerkungen:

Für eine histopathologische Untersuchung von Hautproben sind prinzipiell Exzisions- und Stanzbiopsien geeignet. Vom Pathologen werden Stanzproben bevorzugt, da bei dieser Entnahmetechnik das Gewebe weniger beschädigt wird.

2. Auswahl der Biopsieorte und erforderliche Probenzahl:

Insbesondere bei großflächigen oder an mehreren Stellen auftretenden Hauterkrankungen ist wichtig, dass repräsentative Lokalisationen für die histopathologische Untersuchung ausgewählt werden (z.B. ältere und frisch erkrankte Hautstellen). Bei graduell stark ausgeprägten Krankheitsprozessen, wie tiefen Ulzerationen, ist die Probenentnahme mehr aus dem Randbereich angebracht.
Für eine sichere Diagnosestellung sind üblicherweise drei Proben erforderlich. Bei Auswertung nur einer einzigen Biopsie reduziert sich die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Diagnosestellung bei nicht wenigen Erkrankungen auf unter 50%. Viele dermatologisch arbeitende Kollegen nehmen deshalb bei großflächigen oder multipel auftretenden Hauterkrankungen routinemäßig 3 - 5 Proben von verschieden Lokalisationen. Bei zahlreichen Erkrankungen ist außerdem eine zusätzliche Referenzprobe von einer unveränderten Hautstelle sehr hilfreich.

3. Vorbereitung der für die Biopsieentnahme vorgesehenen Hautstelle:

Lokale Anästhesie durch Umspritzung. Bei empfindlichen Patienten bzw. bei Entnahme mehrerer großer Biopsien, insbesondere bei Exzisionsbiopsien, in jedem Fall Allgemeinnarkose.
Im Bereich der Entnahmestelle sollten weder eine mechanische Reinigung der Hautoberfläche noch ein Waschen und Rasieren durchgeführt werden. Auf keinen Fall Anwendung stark wirksamer antiseptischer Substanzen.
Bei langer Behaarung vorsichtiges Kürzen der Haare auf 1- 2 mm.

4. Durchführung der Probenentnahme:
4.1. Exzisionsbiopsie:

Exzisionsproben sollten stets mit einem möglichst scharfen Skalpell (geeignet sind Messer mit Einwegklingen), nicht aber mit einer Schere herausgetrennt werden.

Festhalten des Bioptates während der Entnahme: Exzitat mit Pinzette nur einmal und nur an einer Lokalisation fixieren. Den durch die Pinzette gequetschten Probenteil vor Einbringung in die Fixierungslösung abtrennen. Proben bei der Entnahme nicht überdehnen oder verformen.

Schichthöhe der Proben: stets Durchtrennung der Epidermis und Dermis bis in die Subkutis. Am besten eignen sich zwei schräg gegeneinander angesetzte tiefe Inzisionen. So entsteht eine langgestreckte, keilförmige Hautprobe durch alle Schichten. Stauchungen oder Überdehnungen des zu entnehmenden Materials werden so weitgehend vermieden. Evtl. noch festsitzende Proben können im Unterhautfettgewebe leicht durch horizontalen Schnitt herausgetrennt werden.
Anschließend Blutstillung und Adaptierung der Wundränder durch Knopfhefte.

Größe der Exzisionsproben:
Mindestabmessung bei kleinen Hunderassen, Katzen, Kaninchen u.ä.:
Länge: 0,8 - 1,0 cm, Breite: 0,4 - 0,5 cm, Schichthöhe: 0,3 cm je nach Dicke der Dermis.
Bei größeren Hunderassen sowie Pferden:
Länge: 1,5 - 2,0 cm, Breite: 0,6 - 0,8 cm, Schichthöhe: 0,8 - 1,0 cm je nach Dicke der Dermis.

- Anwendung bei großflächigen Veränderungen
- bei plattenartigen Verdickungen der Dermis, die sehr weit in die Tiefe reichen
- bei flächigen Tumorerkrankungen

Vorteile von Exzisionsbiopsien:
Übergänge zwischen gesunden und erkrankten Gewebsbezirken können großflächig in natürlichem Zusammenhang dargestellt werden.

Nachteile von Exzisionsbiopsien:
Verhältnismäßig invasive Technik. Stärkere Schmerzen für den Patienten. Betäubung und Nachsorge erforderlich.

4.2. Stanzbiopsien

Wichtige Voraussetzungen für gute Biopsien:

- Hautoberfläche nicht scheren oder rasieren! Lange Haare aber auf wenige Millimeter kürzen.
- Keine Oberflächenbehandlung der Haut (Unterlassen von Reinigung, Desinfektion oder
  Ablösen von Sekret)
- Benutzung scharfer Stanzinstrumente (jeweils neue Einwegstanzen verwenden)

Achtung: neue Einwegstanzen sind die schärfsten Entnahmeinstrumente für Hautbiopsien. Nach 3 - 4 Proben sind diese Geräte allerdings nicht mehr scharf und verursachen dann überwiegend Quetschungen.
Bei Entnahme in erster Linie Anwendung von senkrechtem Druck bei nur mäßiger Drehung des Entnahmegerätes (auf keinen Fall Drehung abwechselnd in beide Richtungen).
Achtung: bei zu starken Drehbewegungen entstehen Scherkräfte, die zur Torsion und Zerreißung der Probe führen können. Meist werden dadurch die Epidermis abgerissen oder Haarfollikel aus der Dermis herausgelöst.

Durchmesser und Zylinderhöhe der Stanzbiopsien:
Durchmesser bei kleinen Tieren etwa 0,4 cm, bei großen Hunden und Pferden 0,6 - 0,8 cm
Zylinderhöhe je nach Schichtdicke der Dermis 0,4 - 1,0 cm

Achtung: die Stanzung sollte immer bis in die Subkutis geführt werden. Nur so ist in der Probe auch die gesammte Dermis enthalten. Viele Haarfollikel, insbesondere die der Primärhaare, reichen bis tief in die Dermis.
Wenn die Stanzung bis in die Subkutis geführt wird, haften die meisten Proben im Stanzwerkzeug. Man kann die Probe durch Herausziehen des Stanzinstrumentes damit leicht über die Hautoberfläche anheben und im darunter liegenden Fettgewebe, das sich meist fädig auszieht, horizontal abtrennen. Wenn die gestanzte Probe nicht im Stanzwerkzeug haftet, sollte der kreisrund umschnittene Hautbezirk mit einer feinen Kanüle angehoben und dann an der Unterseite im Bereich der Subkutis abgetrennt werden. Probe nicht mit der Pinzette fassen !

Proben bei der Entnahme nicht quetschen: Keine groben Pinzetten verwenden, da diese zu starken Quetschungen führen. Die Proben können entweder an noch vorhandenen Haaren vorsichtig angehoben und mit einer scharfen Schere im Bereich der Subkutis abgetrennt werden. Auch mit dünnen Kanülen, die in den Stanzschlitz eingeführt werden, kann man die Proben anheben.





5. Fixierung und Versand der Hautbiopsien

Fixierung stets in 4%-igem Formalin (nicht 3 - 5 Hautproben zusammen in einem 2,0ml Röhrchen fixieren). Das Formalinvolumen muß für eine gute Fixierung 10 x größer als das Gewebsvolumen sein.
Achtung: Fixierung oder Konservierung der Proben niemals in Alkohol, Lösungsmitteln oder Spiritus. Alle diese Lösungen zerstören die Proben und machen eine mikroskopische Auswertung unmöglich. Probe nicht eintrocknen lassen.

6. Kennzeichnung der einzelnen Proben, d.h. der Röhrchen

Durch Lokalisation und Probennummer. Bitte in der Schemazeichnung (auf dem Einsendungsformblatt) die Entnahmelokalisationen und die Probennummern eintragen.

7. Ausfüllen des Einsendungsformblattes

Vorberichtliche Angaben sind besonders wichtig !
Eine Diagnosestellung wird insbesondere bei Hauterkrankungen durch vorberichtliche Angaben entscheident verbessert.
Dazu gehören: Krankheitsdauer und -verlauf, Symptome, bisher durchgeführte Untersuchungen und deren Ergebnisse, Haltungs- und Ernährungsbedingungen, Krankheiten auch bei anderen Tieren, bisher durchgeführte Bahandlungen. Umfang und Lokalisationen bzw. Ausdehnung der veränderten Hautstellen unbedingt in der Schemazeichnung dokumentieren.

8. Verpackung und postalischer Versand der Proben

Achtung: stets nur gut verschlossene Röhrchen versenden. Röhrchen mit kappenartigen Deckeln zusätzlich durch Abkleben mit Leukoplast oder Tesaband sichern. Bei Schraubverschlüssen fest zudrehen.
Röhrchen zusammen mit dem vollständig ausgefüllten Einsendebogen in stabile Plastiktaschen verpacken. Versandtaschen sicher verschließen. Bei ungenügend verschlossenen Versandbeuteln fallen die Proben beim postalischen Transport heraus und sind meist verloren. Bitte kein Probenversand in Papierumschlägen. Die automatischen Briefsortiereinrichtungen der Post drücken Probenröhrchen seitlich aus dem Papierbriefumschlag.

Röhrchen mit geeignetem Fixiermedium sowie Einsendungsformblätter und Versandtaschen werden auf Anforderung kostenlos zur Verfügung gestellt. Bei Standardtransportbeuteln werden die Beförderungskosten vom Untersuchungslabor gezahlt.

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